Doris Kunstmann


Doris Kunstmann © Oliver Fantitsch

Wie viele ihrer prominenten Kolleginnen sammelte die Tochter des Filmproduzenten Georg Thieß und der Schauspielerin und Grafikerin Erika Kunstmann nach der Ausbildung am Hamburger Schauspielstudio Frese erste Bühnenerfahrung am 1951 gegründeten Jungen Theater (jetzt Ernst Deutsch Theater), das für viele damalige Nachwuchsschauspieler zum Karriere-Sprungbrett wurde. Schon 1963 stand sie in „Sie fanden ihren Weg“ neben Peter Striebeck u. a. zum ersten Mal vor der Kamera (Regie: Herbert Vesely). Mit ihrer Rollengestaltung in „Depressionen“, einer anderen Inszenierung dieses Filmemachers, wurde sie 1976 mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet. Die internationale Filmkarriere, die die erst Mitte 20-Jährige berühmt machte, begann 1968 in Italien mit „Das Geschlecht der Engel“. Regisseur Ugo Liberatore besetzte sie auch noch in zwei weiteren Filmen („Bora Bora“ und „Lovemaker“). Für seine zwei hochbesetzten Verfilmungen nach Simmel- Bestseller-Romanen „Und Jimmy ging zum Regebogen“ (Prädikat wertvoll und Goldene Leinwand 1972 für mehr als 3 Millionen Besucher) und „Alle Menschen werden Brüder“ (1973) holte Regisseur Alfred Vohrer sie zurück nach Deutschland. Als Ehefrau des Offiziers Trotta sah man sie in dem von Johannes Schaaf inszenierten, 1972 bei den internationalen Filmfestspielen in Cannes gezeigten Film „Trotta“ nach dem Roman „Die Kapuzinergruft“ des österreichischen Autors Joseph Roth. Das mit dem Filmband in Gold als Bester Spielfilm ausgezeichnete Werk war auch für die Oscar-Vorauswahl als Bester fremdsprachiger Film nominiert. Zu einem cineastischen Highlight wurde 1973 einer ihrer wichtigsten internationalen Filme: „Adolf Hitler – Die letzten zehn Tage“, in dem sie als Eva Braun neben Sir Alec Guinness als Hitler vor der Kamera stand. 1975 drehte sie die hochkarätig besetzte Action-Komödie „Inside Out – Ein genialer Bluff“ mit Telly Savalas und James Mason, 1991 mit Michel Piccoli „Die Seiltänzer“ über eine Affäre des Dichters Jean Genet. Folge ihrer frühen Filmprominenz war eine fast unübersehbare Zahl an TV-Rollen. Besondere Aufmerksamkeit erregte der 1973 zu Weihnachten ausgestrahlte Mehrteiler „Cagliostro“ nach dem Roman von Alexandre Dumas d. Ä. mit Jean Marais in der Titelrolle. Doris Kunstmann, die auf der Rankingliste der TOP 100 German Actresses geführt wird, spielte als Gaststar – oft mehrfach – in allen einschlägigen TV-Formaten wie „Traumschiff“, „Der Alte“, „Edel & Starck“, „Tatort“, „Ein Fall für Zwei“, „Freunde fürs Leben“, „Um Himmels Willen“ und der preisgekrönten Sitcom „Jennifer – Sehnsucht nach was Besseres“. In der Telenovela „Rote Rosen“ war sie in den Folgen 389 bis 509 und 539 bis 585 als Melanie zu sehen. 1976 wurde sie für ihre Darstellungen in „Die Gräfin von Rathenau“ nach Kleists Novelle „Die Marquise von O“ (Regie Peter Bauvais) und „Depressionen“ (Regie Herbert Vesely) mit der Goldenen Kamera als Beste Schauspielerin ausgezeichnet. Ihr Debüt auf der Musical-Bühne feierte sie 2010 am TUI-Operettenhaus in Hamburg. Die englische Regisseurin Carline Brouwer hatte sie überredet, die Mutter Oberin in „Sister Act“ zu spielen.

1985 war Doris Kunstmann mit Sartres „Die Fliegen“ als Elektra zum ersten Mal mit dem EURO-STUDIO Landgraf auf Tournee. Es folgten Hauptrollen in „Geschlossene Gesellschaft“, „Rose Bernd“, „Die tätowierte Rose“, „Laura und Lotte“, „Die Ratten“, „Sterne am Morgenhimmel“, „Empfindliches Gleichgewicht“, „Meisterklasse“ (als Maria Callas) und „Amys Welt“. Große Erfolge feierte sie als Mutter Wolffen in Hauptmanns „Der Biberpelz“ und mit ihrer als »Sternstunde des Theaters« beschriebenen Interpretation u. a. der beiden Titelrollen – des todkranken Kindes und der Oma Rosa – in Eric-Emmanuel Schmitts Erfolgsstück „Oskar und die Dame in Rosa“. Beide letztgenannten Produktionen erhielten den 3. INTHEGA-Preis. Nach „Möwe und Mozart“ spielte sie Frau Imelda (Marcos) in Theresia Walsers Politfarce „Ich bin wie ihr, ich liebe Äpfel“. 2018-2019 war sie als Yvonne in Yasmina Rezas „Bella Figura“ auf Tournee zu erleben. 2012 erhielt Doris Kunstmann für ihre vielschichtigen Rollengestaltungen den Sonderpreis des INTHEGA-Vorstands.


Am Schlosspark Theater



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