Hans Scheibner: "O, du schöner Weihnachtswahnsinn"
Nachdem nun feststeht, wer Oma nimmt bzw. wer sie nicht nimmt, kann sich Hans Scheibner endlich den wirklich wichtigen Weihnachtsfragen zuwenden.
Hauptsächlich mit einer neuen „Oma Geschichte“.
Großmutter Katharina flieht aus Angst um ihren Hund Mozart trotz Operation aus dem Altenheim und befreit Heiligabend ihren Hund aus der Gefangenschaft.
Endlich kann Scheibner auch an die Zeit erinnern, als Weihnachten einmal Friede auf Erden war – allerdings nur zwei Tage lang, weil für Heiligabend Waffenstillstand vereinbart war. Dazu gehört auch die Geschichte von dem russischen Soldaten, der mit einer weißen Fahne zu seinen deutschen Feinden herüberkam, um mit ihnen im Schützengraben eine Flasche Wodka zu teilen. Am Tag darauf taten beide Seiten wieder ihre Pflicht: Die Deutschen wurden von den Russen erschossen und die Deutschen erschossen die Russen – unter anderen auch den mit der Fahne...
So erzählt Scheibner auch sehr anschaulich von den Erfindungen seines Vaters in der Nachkriegszeit. Scheibner behauptet: sein Vater habe damals aus der Not heraus die Ölheizung und die Autoreifengummisandalen erfunden.
Schön ist auch, mitzuerleben, wie Scheibners Mutter sich 1946 über eine einfache Tasse Kaffee so richtig von Herzen freuen konnte – die erste Tasse echten Bohnenkaffee seit Ausbruch des Krieges. Und dann wieder das bedrückende Erlebnis mit dem Holzspielzeug, das sie sich als deutsche Frau von einem polnischen Kriegsgefangenen anfertigen ließ – es hätte sie beinahe das Leben gekostet.
Überzeugend zieht Scheibner den Bogen zur Gegenwart:
Maria und Josef werden abgeschoben: Joseph kann den Vaterschaftsnachweis für Jesus nicht bringen.
Es geht auch um die Frage, ob das Nichts, das sich ein Liebespaar schenkt, wenn es sich versprochen hat, sich nichts zu schenken, wirklich aus absolut Nichts besteht oder ob sie ihm trotzdem noch einen Schlips schenken kann, wenn sie es nur aus Liebe tut und nicht, weil Weihnachten ist? Das ist höhere Psychologie.
Ein Punkmädchen von heute erzählt, dass es in ähnlich verkorksten Verhältnissen wie das Christkind groß werden musste (ledige Mutter, unhygienische Verhältnisse fürs Baby, an Kindergeld gar nicht zu denken, keine Wohnung, nur den Stall usw.)
So auch die Geschichte vom Nikolaus, der in Amerika mit dem Hubschrauber ankam und den Kopf verlor. Als wahres Weihnachtsmärchen dann: wie Scheibner einmal neben Knut Kiesewetters Freesenhof eingeschneit war und nicht nach Hause fand – hätte ihn Knuts treuer Bernhardiner nicht gefunden.
Scheibner liest und spricht diese Geschichten in seiner unvergleichlichen Interpretation: fesselnd und zu Herzen gehend.